Ein Erzähler ist ein Suchender

Die marokkanische Kultur liefert sich nicht leicht aus. Man muss sie im Labyrinth der alten Städte suchen, ihre Eigenschaften im Land der Gegensätze entdecken.

Ein Reiseführer kann diejenigen, die Marokko kennen lernen möchten, den Namen der Städte nennen, nicht aber deren verborgene Geheimnisse, kann ihnen die genauen Orte beschreiben, nicht aber deren Seele. Er kann die Statistik des Volkes über seine Phantasien wiedergeben, sein Leben, seine Weisheit und Verrücktheit, Sitten und Gebräuche kann er aber nichts sagen.

Den geheimen Schlüssel dafür findet freilich nicht jeder auf den Straßen, verhüllt in den Blicken und dem Lachen der Kinder, auch nicht in alten und neuen Geschichten, den Märchen und Sagen, vielleicht auch im Geheimnis einer Erzählung, die mit dem Sonnenuntergang anfängt und mit dem Ruf des Muezzin zum Morgengebet endet.

Denn ein Erzähler ist auch selbst ein Suchender. Er geht auf die öffentlichen Plätze und Märkte, durch die Gassen, beobachtet die Menschen auf den Straßen, hört ihnen zu, lebt mit ihnen und nimmt jede Lebensäußerung, ebenso die Ängste, Sorgen, Freuden der Menschen, ihre Widersprüche und Geheimnisse in sich auf, stellt sie wieder mit seiner eigenen Sprache dar und gibt ihnen seine eigenen Farben.